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Florastrasse, Eismann
2004-04-29 @ 11:56 p.m.

Neben unserem Haus war eine Reihe von leeren Grundstuecken (wahrscheinlich im Krieg zerbombte Haeuser), dort hatten gleich neben dem S-Bahnhof der Eismann und seine Frau ihre Eisbude, im Sommer, und dann wohnten sie auch dort, in einem kleinen Zirkuswohnwagen mit Veranda. Im Winter verschwanden sie irgendwohin. Softeis, kleine Kegeltuete 50 Pfennig, groessere Zylindertuete 1 Mark. Das heisst, noch frueher hatten sie so ein interessantes, fluffiges, reinweisses Eis, das sie mit Suppenloeffeln aus ihren Eismaschinen holten, da war man mit 20 Pfennig fuer die Muschelwaffel dabei, soweit ich mich entsinne. Dann haben sie sich auf dieses Softeis verbessert.
Hui, die waren beliebt. Immer Schlange. Natuerlich keine Schlange, wo alte Muetterchen nun gerade Klappstuehle mitbringen, aber Minuten-Schlange. Wer ein Foto von dieser Eisbude haette! Die muss aus den sechziger, hoechstens fruehen siebziger Jahren gewesen sein, eine grosse mobile Sechzigerjahre-Osteisbude. Und der Eismann und seine Frau! Weissbekittelt, immer freundlich laechelnd, das absolute Bild von Leuten, die ihr Schicksal mit einer Eisbude verknuepft haben. Einen Dackel hatten sie auch.
Am Wochenende bin ich dort manchmal mit einem Thermosbehaelter hingeschickt worden, um Eis zum Kaffeetrinken zu holen. Kaffeetrinken war bei uns das ganz grosse Ding. Wann haben wir hier eigentlich mal Kaffeetrinken? Alle Jubeljahre, und dann ist alles so chaotisch wie immer: verkruemelt, unruhig und womoeglich voller Packungen. Kein Stueck gemuetlich.

Spaeter ging es dann bergab mit dieser Eisbude. Es waere natuerlich ein leichtes, das mit der Wende in Verbindung zu bringen, aber mich verfolgt die Erinnerung wie ich, von der Schule nachhausekommend, taeglich an der veroedeten Eisbude vorbeimusste, in der der vom Schicksal geschlagene einsame alternde Eismann stand und mir ein so schmerzhaft verschmitztes Laecheln sendete, dass es mich selbst noch Ueberwindung kostete Eis zu kaufen wenn ich gern welches wollte. Und das muss vor der Wende gewesen sein, denn danach ging mein Schulweg nicht mehr dort lang.
Nach der Wende haben sie weiter ausgeharrt und ihr Sortiment noch um verschiedene eher generische Suessigkeiten erweitert, unter anderem diese ausgezeichneten dicken weichen (daenischen? belgischen?) Waffeln, die durch und durch mit Zuckerguss getraenkt sind, was ihnen eine gewisse ueppige Broeckeligkeit verleiht. Extrem, aber sehr gut, die habe ich manchmal gekauft und zuhause verschlungen.
Schliesslich sind sie dann weggeblieben, vermutlich in Rente gegangen, und heute ist dort natuerlich alles zugebaut. Da gibt es zwei Apotheken, einen Schlecker, einen Doenerimbiss und diverse unstet wechselnde Laeden. Aber als ich klein war kamen jedes Jahr im Fruehling die Eisleute zurueck, die freundlichen Seelen.

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Ruhmsuechtig!
Klickt dieses Banner und katapultiert mich an die Spitze dieser elitaeren Diary-Top-Ten!!
Koennte ich natuerlich auch selber tun, aber gerade eben habe ich diesen irrsinnigen Armkrampf...

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