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Douglas Coupland, jetzt wird abgerechnet
2005-01-14 @ 1:11 a.m.

Man hat ja in seinem Leben schon das eine oder andere von Douglas Coupland gelesen, dumdidum, Generation X, Shampoo Planet, Life after god, Microserfs, Girlfriend in a Coma, Miss Wyoming, All families are psychotic, Polaroids from the dead, Souvenir from Canada, zwei drei, neun, und wenn das mal alle waren. Und jetzt Eleanor Rigby.
Dass man sich an das meiste nicht mehr erinnern kann, erm, das war doch das mit dieser Frau, die Aids gekriegt hat, weil sie von einer Pistolenkugel getroffen wurde, die irgendwie vorher durch ihren aidskranken Sohn durchgegangen war, und dann hatten sie beide Aids und haben sich total wieder angenaehert oder so - Schwamm drueber, dass man Alzheimer hat, kann man nicht dem armen Douglas Coupland vorwerfen.
Der Schluss von Generation X, wo die Autos alle anhalten wegen diesem riesigen Atompilz in der Ferne, und jeder denkt, whoa, jetzt ist die Bombe gefallen, jetzt ist sie gefallen, die Bombe, mal hoeren, was das Radio sagt, aber dann ist es nur der Rauch von Laubfeuern bei speziellem Wetter, und auf dem nackten schwarzen Ackerboden umarmen sich tanzende Reiher und ihren Betreuern entwichene mongoloide Kinder (P.S. das stimmt nicht ganz, mittlerweile habe ich mich sogar noch etwas besser erinnert, anyway, good enough). Seinerzeit habe ich mich dadurch unheimlich spirituell in die Hoehe gelupft gefuehlt, und das kann man meinetwegen immer noch so stehen lassen, selbst wenn es auch irgendwie ganz schoen schlimm ist.
Bei Shampoo Planet ist der Schluss, dass in der Nacht die Decke durchbricht, weil der Obernachbar in seiner Wohnung ein Tierparadies angelegt hat, und die Protagonisten wachen auf, umgeben von orientierungslosen Watschelenten, Fischen und Miezekatzen. Bei Microserfs liegen alle um den Swimmingpool herum (sie haben bei Microsoft gekuendigt und gerade diese aeusserst erfolgversprechende eigene Firma gegruendet, die eine legoinspirierte Virtual Reality-Software herstellt, von der man sich beim besten Willen nicht denken kann, dass irgendjemand sie benoetigt) und pointen mit Laserpointern in den Nachthimmel. All right all right.
Alle haben jedenfalls gemeinsam, dass sie von Leuten handeln, fuer deren leibliches Wohlergehen auf geheimnisvolle Weise gesorgt ist, die sich aber dafuer mit den wohlbekannten alten spirituellen Jammern der modernen Zeit herumplagen muessen. Wer waere da unbeteiligt.
Aber trotzdem jetzt, also wirklich, nee. Ich glaube, ich kann Douglas Coupland nicht mehr so leiden.

Wovon handelt Eleanor Rigby? Von einer einsamen dicken Bueroangestellten, die aber gluecklicherweise nebenbei auch noch reich ist (durch Aktien!) und deshalb keine anderen Sorgen hat, als sich ihrer durch eine grosse Menge unwahrscheinlicher Begebenheiten und das Internet in Gang gesetzten seelischen Befreiung und Erneuerung zu widmen. Am Ende ist sie verliebt mit einem, den sie vorher nicht kannte, der aber der Vater des Sohnes ist, den sie mit 16 zur Adoption freigegeben hat, der sich mittlerweile wieder angefunden hatte, aber auch schon bald wieder an multipler Sklerose gestorben war, nicht ohne ihr vorher noch gezeigt zu haben, was Liebe ist, und nachdem sie noch zufaellig ein schwer radioaktives Stueck von der Atomanlage von irgendeiner alten Raumstation gefunden hat, das sie fuer einen Meteoriten hielt, und deswegen auf dem Frankfurter Flughafen verhaftet und ausserdem natuerlich auch noch vollkommen verstrahlt wurde, aber nicht direkt gleich gestorben ist, und nun ist sie wie gesagt verliebt, reich, fuer die Welt offen, gluecklich und frei und fliegt im Flugzeug ueber den Wolken, ich glaube, sie hat wohl Businessclass genommen, kann sichs ja leisten. Ich weiss schon, das soll so eine moderne Ikonographie sein, die einsame Bueroangestellte, Flughaefen, verrostete alte Raumstationen, Aktien, Radioaktivitaet, Adoptionen, multiple Sklerose, das Internet. So denkt er sich das, der Douglas Coupland (ich weiss immer, was sich Leute denken. Fragen Sie Benjamin). Und auch wenn mir schon das einigermassen am Arsch vorbeigeht: warum nicht. Aber wodurch es irgendwie vollkommen entwertet wird, ist, dass er den ganzen Kram in den Dienst dieses bloedsinnigen spirituellen Erfolgszwangs stellt. OK, 150 Seiten, dann neuer Mensch.
Ich persoenlich glaube ja nicht, dass es in diesen Tagen wirklich auf irgendwas anderes hinauslaufen kann als darauf, unbeirrbar verdrossen weiter vor sich hinzupfluegen. Alles andere ist irre Bueroleuteromantik, ja ich wuerde sogar soweit gehen, uebellaunig zu behaupten, dass man garantiert auf dem falschen Weg ist, wenn man im Flugzeug ueber den Wolken schwebt und das neue Leben losgeht. Aber was weiss ich denn andererseits schon gross.

Ach naja, Douglas Coupland ist schon ein prima Bursche, ein Durchblicker, der richtig gut rafft, was fuer Gefuehle man gegenueber Loser-Wuerstchenpackungen haben kann, oder wie Officeleute ticken, ein guter Hinseher und alles. Schoen und gut. Und es ist auch irgendwie fies, dass mir ausgerechnet dann der Kragen platzt, wenn dicke Bueroangestellte gluecklich gemacht werden. Ich haette mal was sagen sollen, als es das Supermodel war, einzige Ueberlebende eines Flugzeugabsturzes. Aber das hilft nun nichts mehr.
Am besten kommt er mir vor, wenn er keine erhebenden Erfolgsgeschichten schreibt. Souvenir from Canada kann man jeden Tag haben. Die alten Sachen muesste man mal wieder lesen, immerhin fand man die ja mal super, aber ich habe den Verdacht, dass das doch alles ziemlicher Kitsch ist. Mit Ausnahme von Life after God, eventuell, das sind nur so kleine, ziellose Geschichten, das erhebendste, was da glaube ich passiert, ist dass jemand sein Prozac absetzt. Und Microserfs, vielleicht.

Ich habe Benjamin versprochen, A fine balance von Rohinton Mistry zu lesen, unter der Bedingung, dass er was von Nasdijj liest (lesen Sie ihn, meinen Indianerschriftsteller, ich kann es nur immer wieder sagen!), Inder gegen Indianer, fair muss es zugehen. Jetzt lese ich das also, waehrend er natuerlich nicht daran denkt, seinen Teil der Abmachung zu erfuellen. Keine Ahnung, ob es gut ist, aber jedenfalls ist es interessant. Lesen ueber Inder in Indien anstelle von einsamen reichen Bueroleuten, das erfrischt.

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Koennte ich natuerlich auch selber tun, aber gerade eben habe ich diesen irrsinnigen Armkrampf...

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