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It's not gonna happen. Or is it?
2005-12-20 @ 1:41 a.m.

Armer Benjamin, er wollte vielleicht eine wunderbare Wissenschaftlerin, die Wichtiges treibt und gewaltig honoriert wird, jemanden, der ueber Literatur debattieren moechte oder darueber, was er im Spiegel gelesen hat, jemanden, der eine Meinung zum Nahostkonflikt hat, oder, was das angeht, ueberhaupt irgendeine Meinung zu irgendetwas, jemanden, der mit wildem Lachen das schmutzige Geschirr hinter den Ofen wirft und sich zu irgendeinem tollen Konzert aufmacht, jemanden, der Schach spielt ohne immerfort beleidigt zu sein, wenn Tiere rausgeworfen werden, sondern stattdessen lernwillig und anstellig ist, kurz, jemanden mit geistigen Interessen, wenn es nun schon nicht gerade jemand philantropisches sein kann, und jetzt hat es das Schicksal so gefuegt, dass leider ich hier bin und den ganzen Abend stricke und nur zornig murmele, wenn sich zwei Maschen nicht zusammenstricken lassen wollen. Ich muss unbedingt meine neue Armut zelebrieren, indem ich mich zwei Wochen hinsetze und die acht Euro spare, die so eine Muetze fuer Karla vielleicht kosten wuerde. Oder lassen wir es zwoelf sein. Ich wuerde natuerlich sagen, geistige Interessen seien soo last century, aber das tue ich ja nur, um meinen Verfall zu bemaenteln.

Zur Zeit lese ich noch nicht einmal etwas Vernuenftiges, sondern zwei maessige Kriminalromane, die ich fuer meine Mutter zu Weihnachten gekauft habe und erst daraufhin kontrollieren muss, ob sie auch nichts zu Anstoessiges oder Verstoerendes enthalten. (Natuerlich ist das nicht das einzige, was sie kriegt.) Das hat mich daran erinnert, wie ich einmal als Teenager das Buch 'Die Farbe Lila', das mein Vater verrueckterweise von einem seiner zahllosen ihn verehrenden Kollegen zu seinem 50. Geburtstag bekommen hatte, gelesen und danach still beiseite geschafft habe, weil ich meinte, die Entdeckung ihrer weiblichen Powersexualitaet durch die Protagonistin dieses Werkes sei fuer ihn unzutraeglich und viel zu schockierend. Ich bin eine treusorgende Tochter.

Ausserdem waren wir im Ballett in der Semperoper. Meine Mutter hatte uns mit den Kindern dorthin ausgefuehrt, weil sie meint, dass unbedingt eine Vorstellung von Humperdincks Haensel und Gretel oder dergleichen zur kindlichen Weihnachtsexperience gehoert. Gott segne sie. Es gab den Nussknacker, worauf wir uns durch E.T.A.Hoffmann-Lektuere gewissenhaft, aber, Du ahnst es bereits, mein treuer Leser Fritz, ganz vergeblich vorbereitet hatten. Was aber nichts macht, denn die Hoffmann-Erzaehlung ist ganz und garnicht unentzueckend, und die haetten wir andernfalls vermutlich nicht gelesen. Bis zur Pause fragten die Kinder noch mit wachsender Ungeduld, wann denn nun der Mausekoenig kaeme und meine Mutter meinte, in einigen mit weissen Tutus bekleideten Taenzerinnen Maeuse zu erkennen. Ja, Ballettmaeuse. Dann hatten wir uns damit abgefunden, dass der einzige, aber wirklich einzige Bezug zu Geschichte darin bestand, dass ein hoelzerner Nussknacker von Buehnenbild zu Buehnenbild mitgeschleppt, an der Rampe aufgestellt und von der Taenzerin der Marie in freien Minuten geherzt wurde. Und, zugegebenermassen ist es vermutlich auch Jacke wie Hose, welche mickrige Entschuldigung fuer das taenzerische Springen, Trippeln und Beinabspreizen gefunden wird. So war nun, anstelle der vermaledeiten Taenze der Blumenkinder, Kaffeebohnen und Zuckerstangen, die es in der Inszenierung meiner Kindheit (sowie der von Barbie) nach der Pause gibt - sie finden nach dem Sieg ueber den Mausekoenig in dem speziellen Lande des Nussknackers statt, wohin er mit Marie durch einen Mantelaermel gelangt (in der Pause: Riesenschlange vorm Klo, Laugenbrezeln und Orangensaft. Hallo hallo hallo? Wo sind die Kanapees, verziert mit Meerrettichsahne und Rogenpaste? Was ist mit den violinschluesselfoermigen Petit Fours, die es bei solchen Gelegenheiten geben muss? Oder wenigstens den rustikalen, aber winzigkleinen Schmalz-, Harzer Kaese- und Salamibroten? Mein Gott, da habe ich ja im Osten besser gelebt. Laugenbrezeln!), so war nun, mangels Mausekoenigs, Sieges ueber denselben und animierten Nussknackers, nach der Pause Herrn Drosselmeies magische Tanzschule zu sehen, in der er und sein Ensemble der schwer ballettbegeisterten Marie im Schlaf Ballettdemonstrationen gaben und Lektionen erteilten, was ihr wiederum Gelegenheit gab, ihre forcierte Trampeligkeit fuer einige Minuten abzulegen. Und warum auch nicht. Obwohl ich es besser gefunden haette, wenn sie vielleicht im Schlaf bei der Stadtverwaltung gearbeitet oder einer schlimmen Organhandelbande das Handwerk gelegt haette, wenn man schon bei der Wahl der Story so freie Hand hatte. Der Blumenwalzer haette dann der Walzer der Organhaendler sein koennen. Naja, blabla. Ballett. Dass sich dafuer nun jemand so ueber die Massen aufreibt, diese doch letztendlich recht konventionelle Gymnastik aufzufuehren, und noch dazu in Strumpfhosen und mit Husarenmuetzen auf dem Kopf. Andererseits toll, was sich die Menschen so einfallen lassen zu ihrer Erhoehung und Edifizierung.

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