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Marderhunde, Marderhunde, lasst uns was spielen - Nein wir koennen leider nicht, wir rezensieren nohoch
2009-02-06 @ 12:09 a.m.

Mit der Ankunft des neuen Babybruders ist bei uns das Skrotum mit seiner erstaunlichen Wandlungsfaehigkeit und seinem interessanten Eigenleben richtig salonfaehig geworden. Die Zeit ist daher reif fuer Pom Poko, einen Film vom Studio Ghibli, der vom Niedergang einer Marderhundpopulation handelt, deren maennliche Vertreter mit deutlich hervortretenden Skroten behaengt sind, die sie schockierenderweise auch noch zu sehr sehr grossen Tatamimatten, Fallschirmen und allem moeglichen ausdehnen und im Fall eines besonders erleuchteten, weisen, uralten Marderhundes sogar zu einem mit Blumenarrangements, Obstkoerben und riesigen Winkkatzenstatuen ausgestatteten Segelschiff, auf dem mehrere dutzend Marderhunde nach Shangri La segeln, umbauen koennen.

Wie mehr oder weniger alles von diesem Studio ist dieser Film natuerlich sehr sehr super. Etwas superer vielleicht sogar noch, weil er auf den ersten Blick so unuebersichtlich und unstrukturiert ist. Das gefaellt den Rezensenten nicht, weil sie es gern haben, durch sparsame Geschichten gerollt zu werden, in deren Oekonomie jede Szene ihre dramatische Funktion hat und alles zu einem Ende hinfuehrt, wo nach einer grossen Schlacht die Welt gerettet wird oder sonst irgendeine vergleichbare, ebenso interessante wie lebensfremde Konklusion eintritt.
Wenn stattdessen grossangelegte Strategien im Sande verlaufen, Handlung zerfasert und klimaktische Anstrengungen effektlos verpuffen, wenn am Ende genau das eintritt, wogegen die Protagonisten den ganzen Film ueber angefochten haben, und sie sich heiter damit arrangieren (groessere Teile der Marderhundgesellschaft gehen natuerlich vorher drauf), wenn Dinge passieren, die im Rahmen der Geschichte ueberhaupt nichts bedeuten, wenn es also ziemlich so zugeht wie im Leben, sind alle irritiert. Ich finde das aber fein.

Der Film ist eine Art Epos ueber die Zerstoerung der Natur, die niemals total ist. Er springt einem nicht aufgeregt ins Gesicht mit abstumpfenden Predigten oder unerfuellbarem Optimismus, sondern wird einfach nur dahingestellt. Die Marderhunde, die da versuchen, die Errichtung eines Wohnviertels auf ihrem angestammten Waldigen Huegel am Rande von Tokyo zu verhindern, und denen dabei aufgeht, was fuer maechtige und spezielle Geschoepfe diese Menschen sind, sind einerseits Tiere, andererseits mythische Wesen. Auch wenn man in einer Kultur lebt, in der solche Konzepte nicht einmal mehr als Historie am Horizont verdaemmern, kann man mit dieser Perspektive vielleicht etwas anfangen, wenn man sich vor Augen haelt, dass die Tiere, sozusagen, quasi, Aspekte unserer Seelen verkoerpern und fuer uns aufbewahren. Ich glaube, das nehmen auf eine unbegriffene Weise auch Kinder wahr.
Soviel ich verstanden habe, werden Marderhunde im klassischen Japan als Repraesentanten unverschaemter Lebenskraft und heiterer Anpassungsbereitschaft verehrt. Sie sind fuer ihre Faehigkeit zur Verwandlung bekannt und sogar etwas gefuerchtet. Im Film verwandeln sich die Begabten unter ihnen in alles von Betonbloecken bis hin zu Menschen und Geistern, und schon als Marderhunde an sich treten sie hier in drei Gestalten auf - als praktisch ununterscheidbare huschende Tiere, als aufrechtgehende Individuen mit ausgepraegten persoenlichen und Gattungseigenschaften sowie, in Momenten grosser freudiger oder leidvoller Erregung, als wiederum ununterscheidbare generische Teddybaergestalten mit Kreuzchenaugen.

Ich staune nur, mit wieviel merkwuerdigen, interessanten und entzueckenden Einfaellen dieser Film schockvoll gestopft ist, und mit welcher Grosszuegigkeit sie ausgeteilt werden.

Es gibt zum Beispiel eine Szene, in der jemand mit einer wichtigen Botschaft zu diesem weisen alten Marderhund-Abt kommt, wobei er den sanften Abt, der grosse Freude an allem Huebschen und Niedlichen hat, dabei ueberrascht, wie er in seinem hoelzernen Tempelhuettchen selbstvergessen und stillvergnuegt Ballettposen einnimmt. Ich glaube, das allein ist schon mehr, als es in allen Nicht-Ghibli Kinderfilmen zusammengenommen gibt.

Die Marderhunde als Gattung sind freundlich, opportunistisch aus Freundlichkeit, gefraessig, neugierig, verspielt, liebestoll, leicht zu begeistern - woraufhin sie in Sprechchoere ausbrechen - und ebenso leicht wieder abzulenken; werden Freiwillige fuer gefaehrliche Aufgaben gesucht, stellen sich erstmal alle schlafend. Ihre Chefs haben maechtig zu tun, sie bei der Stange zu halten, denn Kampfesenthusiasmus, aber zum Glueck auch Meutereien verpuffen komplett, wenn jemand das Thema 'In Tempurateig ausgebackene Maeuse' aufbringt. Sie haben nichts gegen die Menschen (so wie die Menschen auch nichts gegen Marderhunde haben - auch wenn sie sie gerade halb ausrotten, freuen sie sich am Anblick vereinzelter Exemplare), menschengemachte Annehmlichkeiten wie Kartoffelchips, Brathuhn, frittierte Krabben, Hamburger, Fernsehen und Energydrinks wissen sie durchaus zu schaetzen, im Grunde sind sie an das Leben mit den Menschen angepasst, aber wenn es ihnen nun an den Kragen geht, haben sie kein Problem damit, Menschen zu toeten und beenden die beflissen anberaumte Totengedenkschweigeminute mit einem unwiderstehlichen kollektiven Lachkrampf. (Natuerlich beissen sie sie nicht tot oder irgendwas, sondern locken als Verkehrspolizisten, Betonkloetze, umgestuerzte Tannenbaeume und truegerische Bruecken LKWs in Abgruende. Bzw. breiten einfach mal rasch ihr Skrotum von aussen ueber die Windschutzscheibe.)

Vom Hintergrund dieser geteilten Eigenschaften heben sich verschiedene Individuen ab, die glaubhaft und lebendig charakterisiert sind und mit der Krise auf ihre persoenliche Art umgehen. Auch wenn man sich ihre japanischen Namen nur mit aeusserster Muehe merken kann. Eine Chance, die alle richtig auseinanderzuhalten und ihre Nuancen zu wuerdigen, hat man fruehestens beim zweiten Mal, und ich glaube, wenn ich den Film jetzt noch einmal saehe, wuerde sich mir wieder noch etwas mehr von dieser wunderbaren kleinen Gesellschaft erschliessen.

Den Marderhunden war wohl nicht klar, oder mal kurz entfallen, wie verzweifelt unterlegen sie den Menschen sind, auch erfreut ihre zerstreute Sensationsliebe vielleicht mal eine inszenierte Schlacht mit viel Brimborium, aber vor der Aussicht auf fortgesetztes Blutbaden bis zum bitteren Ende schrecken fast alle konstitutionell zurueck. Mit ihren verschiedenen Sabotageakten koennen sie die Bauarbeiten auf Dauer nicht stoppen, so setzt sich der Plan durch, drei Altmeister der Verwandlungskunst aus fernen Provinzen um Hilfe zu bitten. Diese Altmeister kommen an, uebrigens hart rockend - in Menschengestalt fahren sie Cadillac und haben wehende Baerte und gestreifte Fraecke - und beginnen, die Marderhunde in den ausgesprochenen Feinheiten der Verwandlungskunst zu trainieren. Die Idee ist, die Menschen Tokyos mit einer gigantischen Geisterparade davon zu ueberzeugen, dass die uralten Kraefte noch am Wirken sind.

Wie und warum die Erscheinung beispielsweise eines Drachens, einaeugiger huepfender Beine, eines riesigen Tigerskeletts oder eines Schwarms winzigkleiner Tempeltaenzerinnen, ja selbst die einer alles verschlingenden Tsunamiwelle, die Menschen davon ueberzeugen soll, die Sache mit dem neuen Stadtviertel doch lieber zu lassen, wird ueberhaupt nicht erlaeutert, aber der Punkt wird wohl sein, dass die Marderhunde tragisch-naiverweise davon ausgehen, sie teilten prinzipiell ihre vormoderne Perspektive. In den alten Zeiten zog vielleicht das blosse Geruecht von der Erscheinung irgendeines mythischen Fuchses bei den Menschen einen Wirbel an Selbstbefragung mit weitreichenden Konsequenzen nach sich, und die Marderhunde meinen wohl, sie muessten lediglich mit dem Bombast der Geistererscheinungen Zugestaendnisse an die Abgestumpftheit der Zeit machen.

Aber natuerlich irren sie sich damit denkbar.

Am Ende wird das Wohnviertel gebaut, einige Marderhunde ueberdauern dort in einem Park, eingeschraenkt, aber ungebrochenen vergnuegt, andere leben in Menschengestalt unter den Menschen, es ist keine Tragoedie, aber die Marderhunde finden das Menschenleben eher unerfreulich und niederdrueckend. Und das ist es auch. Ich zum Beispiel musste heute schon wieder drei bis fuenf Trommeln Waesche waschen. Und aufhaengen. Und die Worte 'Feiern' und 'Reigentanzen' muss ich erstmal im Woerterbuch nachschlagen.

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Koennte ich natuerlich auch selber tun, aber gerade eben habe ich diesen irrsinnigen Armkrampf...

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