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Ottawa hat keinen Zoo, aber ein Stueck ausserhalb (eine halbe Stunde Freewaybrausen, oder anderthalb Stunden zickzack ueber Land: Ontario, Maisfelder, Maisfelder, Maisfelder, Silos, schlammige Fluesse, haessliche verklinkerte Riesenbungalows auf hektarweise kurzgeschorenem Rasen, Faltswimmingpools) gibt es den privaten Papanack Zoo.

Zoos sind natuerlich traurig, es ist beschaemend zu sehen, wie Tiere, die in wenigen Minuten Hackfleisch aus einem machen koennen, hier dem Ridikuel der Bevoelkerung ausgeliefert sind, oder andere, die nichts weiter wollen als sich mit einem Haufen ihrer Artgenossen auf der weiten Praerie oder im gruenen Wald ihrem klandestinen Leben zu widmen, einsam sind und nur einen kleinen Holzklotz oder irgendwas haben, um sich vor den Blicken neugieriger Gaffer zu verbergen.
Aber die Kinder fordern es, also auf zum Papanack Zoo. Und heh. Heh. Wenn, dann so. Klein, aber nicht zu klein, die Kaefige sind selbstgebaut aus Baumarktholz und Drahtzaun von der Rolle, unter Einbeziehung gewisser halbvermorschter Holzhuetten, die offenbar vorher schon dawaren, alles sieht provisorisch aus und so, als sei es nur der Mildheit des kanadischen Gemuets zu verdanken dass nicht Irre in der Nacht mit einer kleinen Knipsdrahtschere die Loewen und Tiger rauslassen. Natuerlich kommt immer noch nicht gerade Neid auf, aber fast alle haben ziemlich viel Platz und Andeutungen von Wald und Feld in ihren Kaefigen. Die Waschbaeren haben eine alte, voellig zerfressene Rueckbank zum Aushaengen, und Autoreifen. Waschbaeren sind so unverschaemt frech und verfressen, denen gefaellt dieser Zoodeal wahrscheinlich sogar. Wie? Free food? Lock me in and throw away the key! Wir schmeissen ihnen ein paar Apfelstuecke rein, dem Schimpansen auch.
Dieser Schimpanse moechte sich gern mit uns unterhalten, er gaehnt immerzu und macht Dinge mit seinen Augenbrauen und Kiefern. Ein Schild sagt, Schimpansenfrauen aus Mexiko wuerden erwartet, sobald die Government Paperwork erledigt sei. Das teilen wir ihm mit, es scheint ihn zu interessieren. Wahrscheinlich wusste er es schon, aber vielleicht war es ihm ja fuer einen Moment entfallen. Sein Penis war gigantisch.
Hey Georgina, like your dinner? sagt der Tierpfleger zur Schneeleopardin. Ein Maedchen mit Zahnspange krault die Loewin, dann spielen sie ein Jagespiel, das Gitter zwischen sich. (Klinge ich wie Christa Wolf oder was? Aber laenger als zehn Minuten widme ich der Stelle nicht, die sich mit dem Umstand befasst, das eine zahnspangige Tierpflegerin und eine Loewin mit dem Gitter zwischen sich ein Jagespiel spielen. Ich nehme an, das ist einfach ein Christa Wolf-Moment.) Beide Tierpfleger wollen gern zu uns sprechen und halten mit interessanten Informationen nicht hinterm Berg. Die Tiere sind uebrigens alle aus anderen Zoos eingetauscht, durch den Tierschutzverein von boesen Tierhaltern beschlagnahmt, oder schon hier geboren.

In der Broschuere, die sie einem beim Eintritt geben, sind super Marketingideen verwirklicht. Fuer 275 Dollar kann man seine Kinder eine Woche ins Sommercamp schicken (Sommercamp ist jede Art von Sommerkinderbetreuung, im allgemeinen wie auch in diesem speziellen Fall heisst Camp nicht, dass man etwa nicht jeden Nachmittag sein Blag wieder einsammeln muesste). Geburtstagsparties, Wochenendcamping, Nachtsafari mit Lagerfeuer. Und Lyrik. Diese Lyrik immer. 'The children of today will be the decision makers of tomorrow, so if we can influence just one child today about the preservation and conservation of our precious wildlife, then we are doing our job.' Influence somebody about something? Sagt man das so? Naja, bin ja Auslaender. Ich will ihnen zugestehen, dass jemand, dem gerade ein Mountain Lion auf den Kopf gesprungen ist, vermutlich weniger von der Notwendigkeit der Erhaltung des Wildlebens ueberzeugt ist als ein Kind, das mal einen Tiger im Zoo gesehen hat, aber that's about it. Ich meine, mein Gott, einen Tiger im Zoo sehen ist glaube ich auf der Skala des Tiger- und allgemeinen Wildlebenbegreifens noch wesentlich unter ueberhaupt keinen Tiger sehen angesiedelt. Wie das banalisiert! Aber was weiss ich.

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