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Nikolaus verrate mir
2005-12-01 @ 10:11 p.m.

Nikolaus, verrate mir, hast du auch eine Frau?
Zum Reden Schmusen und zum Kuscheln,
zum zaertlich durch die Haare wuscheln?
Kitzelt dein Bart bei jedem Kuss, dass deine Frau dann lachen muss?

Nikolaus, verrate mir, hast du vielleicht auch Kinder?
Mit denen du Kassetten hoerst
und manchmal auch die Nachbarn stoerst?
Sind deine Kinder so wie ich, oder immer lieb und ordentlich?

Nikolaus, verrate mir, hast du vielleicht ein Fahrrad?
Mit dem du durch die Matsche saust
und dich dabei total versaust?
Und bei dem Radeln hast du dann deine Stiefel und die Muetze an?

Nikolaus, verrate mir, putzt du dir gern die Zaehne?
Ob du beim Haarewaschen schreist,
wenn Seife in die Augen beisst?
Mir kannst du's sagen, mir allein, es soll unser Geheimnis sein.

Dieses Lied lernt Karla in der Schule.
Ich meine, Weihnachten, yadda yadda yadda, kein Thema, aber hier kommt der Saekularisationsangriff ueberraschend noch einmal von einer ganz anderen Seite. Als haette ein kleines, verkorkstes Kind, das zuhause schlecht behandelt wird, seinen Hass auf seine Eltern in dieses als Familienpropaganda-Singsang ein wenig kaschierte Santa- bzw. Nikolauserniedrigungsszenario geleitet, in dem Santa, der ja bekanntlich Gott ist, klein gemacht, seine praechtige Garderobe mit Schlamm verunreinigt und er erniedrigenden Hygieneprozeduren unterworfen wird. Beziehungsweise man koennte auch noch bemerken, wie sich der Autor nicht direkt an Santa selbst (Gott, Eltern) herangewagt hat, obwohl der Angriff ganz offenbar ihm (ihnen) gilt, sondern schaebigerweise seinen unbedeutenderen Bruder attackiert, obwohl sich fuer dessen Umstaende ganz klar niemand in solchem Detail interessieren kann, es ist ja nicht einmal klar, was der Nikolaus eigentlich anhat.
Naja, jedenfalls, trust them to always surprise you.

Ueberhaupt lernen sie praktisch nur Lieder, in denen davon die Rede ist, wie unglaublich frech und vorwitzig sie, die Kinder, seien. Explizit ('Piri heisst das kleine Tier, ist ein Wiesel frech wie wir', Piri ist das Maskottchen des Deutschunterrichts in der zweiten Klasse, es loest den weiland Baeren Umi aus der ersten Klasse ab. Esperantohaft benamste, geschlechtslose Kreaturen, was ist los mit euch? Ich wette, ihr wolltet gern Heinerle und Baerbel heissen.) oder implizit ('Liebes gutes Christuskind / in der Wiege bei dem Rind / hilf Knecht Ruprecht denken, / er muesse uns was schenken.' Also wirklich, WTF?), oder Lieder, die vor Jugendkulturanschleimerei triefen ('It's the sun rap. Everybody clap!'). Ich glaube, ich finde beide Alternativen ganz genau gleich fuerchterlich und schlimm, vor allem, wenn man zu letzterer noch das entsetzliche Briefe-von-Felix-Lied ('Die Welt ist rund / die Welt ist weit / Felix kennt sich aus / Felix hat ja Zeit') rechnet, das allerdings nicht in der Schule vorkommt, das zu hoeren mir aber doch eine Zeitlang sehr oft vergoennt war.
Frueher war dieser Felix ein suesser schlumpiger Plueschhase von einer obskuren Sympathietraegerfirma namens Spiegelburg, den und dessen klitzekleine Produktfamilie (Buecher mit eingelegten Briefen. entzueckende karierte Pappkoffer) es nur in besser sortierten Spielzeuglaeden zu kaufen gab. Heute ist er ein verdammtes Imperium mit Felixunterhosen und allem, und das nur durch diesen jammervoll unbedeutenden, minutenschindenden Film. Dass es heute noch Menschen gibt, die sich trauen, so einen uninspirierten Kinderfilm zu machen. Naja, wie gesagt, trust them to keep surprising you.

Um auf diese Lieder zurueckzukommen. Also die schizophrene Idee von Frechsein schon mal, da muesste eigentlich Adorno uebernehmen. Aber dass sie die nun auch ausgerechnet in der Schule advocieren, obwohl, andererseits, das ueberrascht ja dann eigentlich doch nicht so. Ueberhaupt, wenn man die Kinder in der Schule pro forma zum Frechsein anhaelt, dann werden sie, sofern sie nicht das Zeug zu totalen Destruktoren in sich haben, vielleicht ganz einfach brav. Das scheint sich im uebrigen in Karlas Klasse zu bewahrheiten. Ich kann mich erinnern, zu meiner Zeit war es durchaus nicht modern, sowas wie gute Zensuren zu haben.

Zu meiner Zeit mussten wir Lieder singen wie 'Kleiner Kuckuck kuckuck, sucht ein Bursch ein Maedchen / weiss er welche sein ist, laeuft er keck durchs Staedtchen / otdiridi otdirididina otdirididina ucha!' Das war natuerlich auch schlimm, aber bei 'Kommt der Baur gegangen / mit ner langen Stangen' konnte man wenigstens noch einen ehrlichen alten Lachkrampf bekommen. In den Liedern, die sie die Dreizehnjaehrigen heutzutage lehren, sind die Anspielungen auf monstroese Erektionen bestimmt schon extra mit eingearbeitet.

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Koennte ich natuerlich auch selber tun, aber gerade eben habe ich diesen irrsinnigen Armkrampf...

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