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In die Ecke, Besen, Besen!
2009-09-17 @ 12:39 a.m.

Den Jubel kann und kann ich nicht begreifen.
Als selbstrespektierender Kritikermensch wuerde es mir doch extrem sauer werden, eine so offensichtlich komplett hanebuechene Fabel wie die von Infinite Jest (nach dem Titel der deutschen Uebersetzung sollte man meinen, das Buch hiesse Neverending Fun: Das ist mir das rechte deutsche Bildungsbuergertum hier) oeffentlich nachzuerzaehlen und dann auch noch als genial zu lobhudeln. Genial? Diese hoelzerne Metapher? In gewisser Weise ist es sehr bezeichnend, dass der FAZ-Mensch auf dem Umschlag (von 'Der Besen im System', aber bei Infinite Jest steht vermutlich Aehnliches) sich nur zu 'genialisch' durchringen konnte. Genialisch, was soll das heissen? So ungefaehr genial? Sich mit den Insignien des Genialen umgebend? Egal, Hauptsache mit auf dem Feierwagen.
'Mit Hinz und Kunz? - Mit uns!'

Aber klar, es ist eben so, dass aus Gruenden, die irgendwie verschwommen, aber andererseit auch irgendwie voellig ueberzeugend sind (alles ist schlimm und postmaessig verdingst), leider - leider, leider - nicht mehr moeglich ist, etwas Ungebrochenes zu schaffen, zu dem man auf unmittelbare Weise Zugang finden kann. Das geht in der Malerei und Musik schon lange nicht mehr so richtig, und in der Literatur jetzt offenbar auch nicht mehr. Ich glaube das ja prinzipiell auch, wenn ich es mir so vor Augen halte - die ganze Verdingsung, Gott! - und ich verabscheue viele der heutigen Versuche, blutvolle Geschichten zu verfassen, aber andererseits ist es eben auch, uff deutsch jesagt, wirklich nicht interessant oder beruehrend, wenn auch vielleicht bescheidwisserisch befriedigend, sich Vierecke und Sauerkraut anzusehen. Und es ist auch nicht interessant, David Foster Wallace zu lesen, jedenfalls nicht fuer mich, und ich finde, offen herausgeschleudert, auch Don De Lillo total furchtbar, und Thomas Pynchon habe ich nicht durchgehalten. Das wirft echt ein schlechtes Licht auf mich.

Ich habe jetzt irgendwelche Erzaehlungen gelesen und sterbe gerade ab ueber 'Der Besen im System', leider auf deutsch, weil Benjamin das zum Geburtstag gekriegt hat.
Man merkt durchaus, dass DFW einigermassen schreiben kann, bzw. konnte, der arme Mann, so wie auch die besseren der Quadrat- und Sauerkrautmaler zumindest in der Anfangszeit der Neuen Zeit durchaus in der Lage gewesen waeren, die tollsten Prinzen und Schaeferszenen und Memento Moris zu malen, aber es eben aus aesthetisch-moralischen Gruenden irgendwie vorzogen, sich auf das Kraut und so zu werfen. Und so zog DFW es vielleicht auch vor, moechte ich ihm mal versuchsweise unterschieben, weil heute alles so verdingst ist und alle immer bloss fernsehen lieber sowas wie ganz abgestandene Fernsehgags zu schreiben ('Da haengt Damenunterwaesche an seinem Anzug. - Habt ihr ueberhaupt eine Ahnung, irgendeine Ahnung, was dieses Hoeschen bedeutet?' '...mir schnurzegal, mit wem Bloomfield seine Freizeit verbringt. Eine Puppe ist moeglicherweise sogar das Beste fuer ihn, so nervoes, wie der immer ist.' ), sehr dicke Menschen essen neun Steaks plus Dessert und sprechen dabei ueber ihre Einverleibungsphilosophie und es gibt einen Nymphensittich, der Vlad der Pfaehler heisst und Dinge wie zum Beispiel 'Du bist wirklich nett, aber diese Diskussionen fuehren zu nichts' zum Besten gibt. Und selbstverstaendlich ist die Story auch wieder total hanebuechen: soweit ich bisher sehen kann, geht es unter anderem um zwei rivalisierende Babykostunternehmer, deren einer seiner Babykost einen intelligenzfoerdernden Zirbeldruesenextrakt zusetzen will, dessen Rezeptur und Proebchen aber von einer Rotte marodierender Altersheiminsassen gestohlen werden. (Der andere wirbt mit einer sehr kleinen depravierten russischen Turnerin, die sich nur mit den Zehen am Stufenbarren anhaelt.)

Und das alles wurde natuerlich! mit hoher Absicht und unter grossen Anstrengungen von DFW ironisch extra so hinziseliert, dass es einen besonders bekloppten Eindruck macht, und tief drin, wo es am albernsten ist, da schreit sein Herz.
Aber diese Ironiegeschichte, die reisst es fuer mich wirklich nur so und so weit, wenn es unmoeglich ist, fuer eine der blutlosen Gestalten Anteilnahme zu empfinden.

Ich glaube, man soll finden, darin liege die besondere Lauterheit des Autors, dass er einen nicht manipuliert. Geschichten, ph!, wo gibts die denn noch! Das mag alles aesthetisch und moralisch korrekt sein (den angefangenen Roman ueber das Leben in der Steuerbehoerde finde ich auch ganz ehrlich top korrekt, als Idee, ein Buch, das so langweilig ist, dass man dadurch auf eine hoehere Bewusstseinsebene gelangt!, aber ich verknuepfe dennoch keine grossen Hoffnungen damit), aber trotzdem taugt es irgendwie nichts. Das Lesen ist ein deprimierendes Geschaeft, das Schreiben war es vermutlich auch.

Und das nach unserem Walter Kempowski-Verehrungsmarathon.

Erinnerung, sprich: Manfred uebt Laufen, Rekord sind sieben Schritte (allein und frei). Er spielt begeistert Ball, stuerzt sich auf den Ball mit grossem Koerpereinsatz und kullert ihn unermuedlich zurueck. Hingegen hat er nur zweieinhalb Zaehne. Den unausgeglichenen Kollegen, mit denen (und ohne grosse Aufmerksamkeit von meiner Seite) er neuerdings Teile seines Tages verbringt, begegnet er mit Freundlichkeit und Toleranz.

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Koennte ich natuerlich auch selber tun, aber gerade eben habe ich diesen irrsinnigen Armkrampf...

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