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Mit eisenharter Konsequenz
2010-01-22 @ 12:49 a.m.

Einige Erinnerungen, vertrauensvoll dem Internet anvertraut, wo sie hoechstwahrscheinlich nicht verloren gehen:

Sein zweites Lebensjahr begann (das ist ja nun auch schon wieder einiges her) Manfi laufend, treppauftreppabkriechend, vom Bett runterkletternd, wenig spaeter auch Betten, Baenke und turmartige umgitterte Hochstuehle erklimmend, aus Tassen trinkend, recht und schlecht mit dem Loeffel essend, nach wie vor zuversichtlich ungewoehnliche Gerichte probierend (Algensalat!), hingegen ohne groesseres Interesse an Broetchen und Gebaeck, aber durchaus an Suessigkeiten, verschiedenes verstehend ('Mach mal den Deckel wieder richtig rauf'), aber komplett ohne aktiven Wortschatz, auch vom 'Nein' hoert man nicht mehr viel - natuerlich muss man dazu sagen, dass der Arme von mir, wie es mir eben gefaellt, in deutsch und englisch unterhalten wird, weil englisch sich so gut macht, um mit kleinen Geschoepfen zu verkehren. Auch seine eigene Sprache, die ich fuer ihn mache, wenn er mit den anderen Familienmitgliedern umgeht, ist englisch.

Er zeigt kein Interesse an Autos, liebt aber dafuer Hunde und alle kleinen Tierlein, was er durch ein kleines hohes Entzueckensgeraeusch bei ihrem Anblick ausdrueckt. Er beschaeftigt sich auf die uebliche Babyweise, hantiert mit Gegenstaenden, raeumt Schraenke und Laden aus, aber eher nicht auf diese fegende Art, sondern untersucht jede einzelne Tube Schuhcreme oder Rolle Klebeband relativ gruendlich, bevor er sie irgendwo liegenlaesst. Auskippen findet er aber auch gut. Er reicht mir gern ein paar Waescheklammern an, wenn ich Waesche aufhaenge.
Buecher nimmt er nicht sonderlich wahr, er blaettert nur und klappt zu und auf.
Er kuesst, wobei er das Beruehren der Wange und das Geraeusch mit den Lippen auf komische Weise getrennt hat bzw. sich nur auf das Beruehren mit offenem Mund beschraenkt.
Er schiebt seinen Unterkiefer vor und entbloesst dabei die unteren Zaehne (unten hat er drei, oben zwei) - das ist sein willensstarkes Gesicht, dazu stoesst er auch willensstarke Schreie aus.

Er ist nicht immer sonderlich begeistert von der Anwesenheit der zwei Tageskinder, mit der P., die sehr klein ist, kann er durchaus auch zusammensitzen und etwas hantieren, er beschraenkt sich darauf, sie selten einmal zu beissen oder etwas haerter zu beklopfen, aber der andere, aeltere und er sind wie zwei junge Hunde, aber haeufig minus die Lebensfreude und plus eine ganze Portion Verbissenheit. Es wird gerungen, geschubst, gebissen und gehauen, an Gegenstaenden gezerrt, die nun beide aber zufaellig gerade gleichzeitig ganz dringend brauchen und soweiter. Es ist eine rechte Pein. Ueber weite Strecken herrscht natuerlich trotzdem Ruhe und Frieden, dafuer sorgt der straffe Tagesablauf voller Bildungsfoerderung und Hygiene.



Mit eineinviertel Jahren erinnert er sich nun ueber mehrere Tage an den Papa, der verreist ist, und erwartet ihn stuendlich beim Tuerklingeln. Er geht gern spazieren (haeufig strebt er mit Macht von meinem Arm herunter) wobei er natuerlich in jedes Kellerfenster hineinstarrt, in jeder Pflasterritze popelt und allen garstigen Muell aufhebt.
Er sitzt, wenn er nicht laeuft, im Hueftsitz im Tuch, auf den Schultern oder auf dem Arm. Im Doppeljogger sitzt er nur, wenn wir mit allen Tageskindern, jetzt sind es drei, unterwegs sind. Dann faehrt er allerdings sehr gern bzw. steht im Wagen - unnoetig zu sagen, dass ich natuerlich die Anschnallgurte ablehne und verabscheue. Ich habe ihn ein oder zweimal gebremst rausfallen lassen - entweder, er hat daraus gelernt und passt jetzt auf, oder er ist ohne Zusammenhang damit einfach routinierter geworden.
Das Treppaufkriechen hat er ganz und das Treppabkriechen bzw. -raupen teilweise leider jetzt aufgegeben zugunsten eines von mir stark assistierten zweibeinigen Hinaufschwankens und Hinabfallens.

Mit den Tageskindern kommt er zurecht, streckenweise kann ich ihn ja wirklich kaum beachten, muss andere Kinder herumtragen und mich ihnen widmen, aber er scheint das im Moment gut zu tolerieren. Am Tisch gibt es haeufig Szenen allgemeinverbindlichen Kicherns, wenn ein Baby irgendetwas ohne Ende brilliantes tut, wie etwa einen Arm schwenken oder bababa sagen. Man muss am Tisch sitzen und darf nicht die Tasse umschmeissen und muss womoeglich mit dem Loeffel essen und den auch noch aufheben, wenn er runtergefallen ist - nonsensische Heiterkeit bietet ein Ventil fuer all diesen unmenschlichen Druck.

Einige Zeit pflegte er das Wort 'Tee' mit schauspielerhafter Betonung zu sagen, zum Beispiel fuer Kaffee, das ist jetzt wieder in den Hintergrund getreten. Er sagte auch schon 'Muell' und 'Klo', heute 'Nane', fuer Banane, die er wollte, aber das kommt und geht. Verstehen kann er, man ist versucht zu sagen, alles, aber das geht natuerlich zu weit. Immerhin, er hebt Sachen auf und stellt manchmal seine Schuhe weg, wenn man ihn auffordert. Gibt es Essen und er ist hungrig, ruft er gellend 'Ja, ja, ja!!!', wenn noch nichts auf seinem Platz steht.

Neulich, als wir beide frei hatten, weil er krank war, habe ich mich mal mit ihm hingesetzt und mit diesem Steckspiel gespielt, obwohl gespielt vielleicht nicht das richtige Wort ist. Mit eisenharter Konsequenz habe ich ignoriert, wie er mir nach kurzem, ziellosen Stochern (diese Babies sind u-n-g-l-a-u-b-l-i-c-h!) immer - hier, mach du mal - die Kloetzer hinhielt und habe ihn durch fortwaehrendes Coachen dazu gebracht, zusaetzlich zum Zylinder auch noch den Klotz mit der quadratischen Grundflaeche in das richtige Loch zu tun. Spaeter mit Karla konnte er es kurzfristig auch mit dem laenglichen Viereck, aber das war nicht von Dauer.
Diese Steckspiele sind aber auch ein Hoellenwerkzeug. Kein Baby fasst sowas freiwillig an. Obwohl das ja auch merkwuerdig ist. Da haben sie nun den ganzen Tag Zeit und koennten sich eigentlich mal in aller Ruhe hinsetzen und durch geduldiges Probieren hinter das Geheimnis dieser Kloetzer und Loecher kommen. Stattdessen ziehen sie es vor, ziellos zu stochern und dann die Kloetzer auszukippen und gleich etwas Neues aus dem Regal zu zerren, dem es aehnlich ergeht. Was haben sie denn nun davon? Das hoellischste an diesem hoellischen Lernspielzeug ist, dass es einen immer wieder dazu bringt, von seinem Kind enttaeuscht zu sein. Und das hoellischste an Spielzeugregalen ist, dass sie hoellisch sind und einen wuenschen lassen, das Kind moege mit einer hoelzernen Froebelschen Spielgabe kontemplierend im Laufgitter sitzen, endlich befreit von der Tyrannei seiner Impulse.

Zu Weihnachten hatte er in seinem Strumpf einen gehaekelten Elefanten. Den hat er voellig ignoriert und ich dachte erst, natuerlich, soviel zu dem tollen Shabby Chic-Elefanten, das war ja wieder klar. Aber dann habe ich mir ein Herz gefasst und ihm den Shabby Chic-Elefanten mit eisenharter Konsequenz (langsam kristallisiert sich hier ein Thema heraus) als transitional object angedient, indem ich ihn immer mitgenommen habe und ihm in die Hand gedrueckt und Brimborium um ihn (er heisst Pepe) gemacht habe, wenn ich Manfi zu Bett brachte. Es dauerte nur kurze Zeit, und Pepe war unentbehrlich. Das heisst wiederum nicht, dass Pepe meine Abwesenheit beim Zubettgehen fuer laenger als vielleicht 30Sekunden abpuffern koennte, insofern ist er kein richtiges transitional object, aber immerhin. Andererseits weiss ich auch nicht, wie ich das nun finden soll, dass ich ihm diesen Elefanten aufoktroyiert habe. Wer weiss, welche gerade erst annaehernd aufkeimenden objektbeziehungsmaessigen Faehigkeiten dadurch in ihm jetzt wieder duerregefallen sind. Das hoellischste an Elternschaft heute ist, dass man einfach nicht mehr abwarten kann.

Keins von meinen Kindern hatte uebrigens irgendein transitional object, die Maedchen hatten in Manfis Alter keine irgendwie geartete Beziehung zu einem Spielding. Ich glaube, um von sich aus intensive Anhaenglichkeit an ein Plueschtier oder einen Bettdeckenzipfel zu entwickeln, muss so ein Baby schon Stunden allein und unstimuliert in seinem Gefaengnisbett verbringen. Das entspricht ja nun einerseits durchaus nicht der schalen, weltverbesserischen Ideologie, der ich anhaenge, und ich denke unter anderem auch, dass es sich irgendwie nach Deprivation anhoert, wenn ein Baby derart tiefe Gefuehle fuer einen Bettdeckenzipfel hegt. Vielleicht sind diese Resourcen in dem Baby doch eher angelegt, um sich wuerdigeren Gegenstaenden zuzuwenden, wie etwa seiner Mutter. Andererseits aber sehe ich langsam auch schon wieder den Punkt bei dieser Gefaengnisbett-Im-Isolierten-Raum-Geschichte. Ich meine, eine ganz und gar vom Baby initiierte und von ihm mit Leben erfuellte Beziehung zu einem Gegenstand, ob schmuddeliger, durchgekauter Zipfel oder nicht spielt ja dabei strenggenommen keine Rolle, auch wenn der Zipfel noch so pathetisch anmutet) ist vielleicht auch gar keine so ganz kleine Leistung auf dem Weg in die Zivilisation. Und diese Leistung kann ein Baby, das pausenlos auf dem Arm seiner Mutter von der ganzen Welt umwabert wird, natuerlich niemals erbringen, weil es ja dafuer weder Gelegenheit noch Notwendigkeit gibt. Die Frage ist jetzt: Ist das ein Verlust? Der Erfinder des transitional object-Konzepts, Winnicott, sagt, das ist ganz schlimm und ein Mensch ohne transitional object kann niemals froh und zufrieden werden. Andererseits koennte man sagen, Heilserwartungen an unbelebte Objekte zu haengen ist schon die halbe moderne Misere. Natuerlich hat es auch keinen Sinn, darueber kuechenpsychologisch herumzureden. Da muessen Fachleute ran!

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Koennte ich natuerlich auch selber tun, aber gerade eben habe ich diesen irrsinnigen Armkrampf...

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