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Die abscheuliche Love Parade hat am Wochenende das Verkehrsnetz empfindlich beeintraechtigt... Email aus Berlin
"Fuers erste haben wir uns gestern nur auf den Landstrassen westlich von Potsdam ein
wenig durchwehen lassen. Der Leu wollte schon lange einmal das wieder hergerichtete
Hohenzollernschloesschen in Paretz besichtigen. Der beruehmte preussische
Hofbaumeister David Gilly, Vater des noch beruehmteren Friedrich G., hatte es als
schlichten Landsitz, der von aussen kaum wie ein Schloss aussieht, fuer Friedrich
Wilhelm III. und dessen Gemahlin Luise entworfen. Luise, die 10 Kinder geboren hatte
und schon mit 34 Jahren starb, hielt sich im Sommer gern dort auf. Wenn der
Paedagoge Delbrueck, der die jungen Royals im Schloss Charlottenburg bildete, mit
ihren Leistungen zufrieden war und entsprechend nach Paretz berichtete, dann wurden
sie mit der Erlaubnis belohnt, fuer ein Wochenende zu Mama aufs Land kommen zu
duerfen. Jene Kinder - unter denen sich immerhin eine spaetere Zarin befand - hatten
in Charlottenburg eigene Gartenparzellen zu bewirtschaften. Die Mohrrueben, Bohnen
und Salatkoepfe, die sie dort anbauten, wurden per Eilboten nach Paretz geschickt
und dort fuer den koeniglichen Mittagstisch verarbeitet, und die Mama lobte ihre
Qualitaet in freundlichen Briefen. Nach Luises fruehem Tod 1810 daemmerte das
Schloss unbeachtet dahin und verfiel, zu DDR-Zeiten wurde es erst fuer eine
Bauernhochschule und dann fuer die VVB Landtechnik verwendet und total umgebaut. Die nach 1990 einstroemenden Einheitsgelder wurden dafuer eingesetzt, einen Teil der
laendlichen Schloesser aufwendig in den Urzustand zurueckzuversetzen und in
Touristenattraktionen zu verwandeln, zumal die Landwirtschaft als Wirtschaftszweig
auch in Brandenburg nur noch eine Nebenrolle spielt. Passendes Mobiliar war in den
Potsdamer Speichern reichlich vorhanden, das eine oder andere Stueck hat sich auch
noch aus der Originalausstattung erhalten. Vor allem betraf dies die kunstvollen
Papiertapeten teils preussischer, teils chinesischer Herkunft, die einzige
kunsthistorische Sensation des Schlosses. Diese Tapeten, vom Zahn der Zeit ohnehin
schon arg benagt, wollte die Gemeinde Paretz 1945/46 f�r Dollars an irgendwelche
amerikanischen Kunsthaie verscheuern. Der damalige leitende Kunsthistoriker der
Potsdamer Schloesser hatte davon erfahren und die Tapeten in einer
Nacht-und-Nebel-Aktion in letzter Minute abnehmen und in das Neue Palais bringen
lassen; dort wurden sie aus Mangel an Mitteln zwar nicht restauriert, aber
wenigstens sachgemaess gelagert. Der verloren gegangene Teil dieser Tapeten ist
jetzt im einzigen Handwerksbetrieb Deutschlands, der sich noch auf diese fast
ausgestorbene Kunst versteht, nachgearbeitet worden. Mein Vater.
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