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Wir popeln uns zu Tode
2006-04-06 @ 12:15 p.m.

The disappearance of childhood (1982): Schulen wurden erfunden, um Kinder in die Welt des geschriebenen Wortes zu initiieren, wobei dieses seit Erfindung der Buchdruckerei die Methode der Wahl der Erwachsenenwelt war, sich ueber ihre Angelegenheiten und Geheimnisse zu orientieren und zu verstaendigen. Kinder koennen nicht lesen und sind daher aus dieser Welt ausgeschlossen. Aus der sich daraus offenbar ergebenden Notwendigkeit, Schulen zu besuchen, folgt die Kindheit als kulturelles Phaenomen. Heute verstaendigen sich die Erwachsenen ueber ihre speziellen Angelegenheiten und Geheimnisse via Fernsehen, und Kinder sehen sich das 24/7 an. Zum Fernsehen braucht man keine Schulbildung - also no more Kindheit. Antischulmenschen und solche sind uebrigens irre Paradoxiker, die versuchen, die Vergiftung durch mehr von demselben Gift zu kurieren, beziehungsweise das gebrochene Bein abhacken, beziehungsweise dem Patienten gleich den Dolch in sein zuckendes Herz stossen wollen. Dazwischen Muffigkeit ueber das Fernsehprogramm, Kriminalitaet, dass Kinder heute alles ueber Sex wissen und darueber, dass es scheinbar keine speziellen Kindersachen mehr gibt (ich weiss nicht, was fuer mit Gockelhaehnen bedruckte Waesche damit gemeint sein kann; zu meiner grossen Ueberraschung habe ich ergoogelt, dass Neil Postman selbst tatsaechlich drei Kinder hatte).
Haeufig ist er einfach nur entschieden albern und daneben, wie wenn er uns empoert auf sechsjaehrige Knaben in Anzuegen und sechzigjaehrige Herren in Jeanshosen aufmerksam macht, als ob Knaben in Anzuegen nicht zu allen Zeiten viel ueblicher gewesen waeren als heute, und als ob Jeanshosen irgendwie spezielle Kinderkleidungsstuecke waeren, oder wenn er meint, Alice, als sie sich fragt, was denn der Nutzen eines Buches ohne 'pictures and conversations' sei, gaebe damit (by which Alice means stories) ihrem Beduerfnis nach 'stories' Ausdruck, und daraufhin diese Szene aus 'Alice in Wonderland' als eine Metapher fuer das Beduerfnis des infantilen Gemuets nach 'stories' benutzt, das eben durch den Fernseh und seine Gaben erfuellt wird, obwohl ja andererseits die Kindheit offenbar verschwindet, aber was glaubt er denn ueberhaupt, was Alice's Schwester gelesen hat, an diesem vertraeumten Sommernachmittag, Wittgenstein? Weiterhin bemerkt er kurz, dass die Erwachsenen durch all das im Gegenzug natuerlich infantil wuerden, aber diese schockierende Idee spart er sich weitgehend auf zur Auswalzung in seinem naechsten aufsehenerregenden Werk, 'Amusing ourselves to death'. Ich bin sicher, dass man auch diesen Band ohne Verlust in einigen duerren Saetzen zusammenfassen kann, und mir ist sogar schon praktisch klar, wie diese Saetze lauten, aber im Interesse unserer infantilisierten Leser wollen Neil Postman und ich uns hier lieber auf einen einzigen, ganz einfachen Gedanken konzentrieren und diesen lange, lange betrachten.
Natuerlich ist alles moegliche fischig, die Welt aendert sich, Kinder spielen nicht mehr Himmel und Hoelle auf dem Gehweg undsoweiter, aber dass die Kindheit verschwindet, weil man zum Fernsehen keine Schulbildung braucht, also prt. Vielleicht koennte man aber sagen, dass das Erwachsenentum verschwindet, wenn solche Ideen als tiefsinniger Kulturkommentar gelten.

Ich meine, wenn die Kindheit in ihrer Existenz von der Konspiration der Erwachsenen abhinge, gewisse Geheimnisse, die im Prinzip keineswegs ausserhalb ihrer intellektuellen Reichweite liegen, durch Einfuehrung der Schritsprache von Minderjaehrigen fernzuhalten, dann waere sie wirklich ein schwaechliches kulturelles Phaenomen.

Und dass die Beschulung in speziellen Institutionen einerseits die dem Kind angemessene Lebensform ist, und andererseits schliesslich den jungen Menschen in einem Zustand von Reife und Erwachsenheit entlaesst, das ist ja auch eine geradezu boshaft naive Vorstellung.

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Klickt dieses Banner und katapultiert mich an die Spitze dieser elitaeren Diary-Top-Ten!!
Koennte ich natuerlich auch selber tun, aber gerade eben habe ich diesen irrsinnigen Armkrampf...

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