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In den Gefilden provinzieller Hochkultur: Prinz Friedrich von Homburg
Benjamin wollte Prinz Friedrich von Homburg im Theater ansehen. Ich dachte, er waere von den Plakaten angelockt worden, auf denen der Prinz sich niedlicherweise eine (generische) Papierkrone aufprobiert, aber das war wohl doch nicht der Fall. Er wollte es einfach so sehen. Weil er Kleist mag. Und weil wir diese totalen Protestanten sind, haben wir es erst zuhause mit verteilten Rollen gelesen. Karla kam dazu, und, so suess, wollte auch mitlesen. Sie durfte, stolper stolper, Prinzessin Natalie lesen - Was deine Huld, oh Herr, so rasch erweckt,Dann wollten fatalerweise beide Kinder ins Theater mitkommen, und so sind wir erstmals also nicht in die Weihnachtsvorstellung irgendeines kinderkompatiblen Werkes gegangen, sondern zu Prinz Friedrich von Homburg. Natuerlich war es furchtbar.
Wenn ich ein Kleiststueck auffuehre, koennte ich mich natuerlich bemuehen, es mit etwas Sensibilitaet fuer die Zeit, in der es spielt, und fuer die Geschichte, die erzaehlt wird, zu inszenieren. Natuerlich kann es dann sein, dass man bei
einer Art von Theater am Kurfuerstendamm-Kostuemstueck-Buchstaeblichkeit landet, oder dass die Leute jedenfalls behaupten, man sei dort gelandet. Ich wette aber, dass das den armen Omas und Opas, mit denen das Dresdener Schauspielhaus fast bis auf den letzten Platz gefuellt war, in jedem Fall richtig gut gefallen haette.
Ich meine, ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung, warum man dieses Stueck ueberhaupt auffuehren sollte und was eigentlich die zeitlose Signifikanz davon ist. Es geht darum, dass dieser Prinz Homburg in einer Schlacht mit den Schweden befehlswidrig eigenmaechtig handelt (trotzdem, oder deswegen, das bleibt unklar, wird die Schlacht gewonnen). Dafuer will ihn der Kurfuerst von Brandenburg, dessen Protege er ist, nach Kriegsrecht zum Tode verurteilen lassen. Nun fleht er um Gnade, aber alle appellieren an seine Ehre, und schliesslich schickt er sich mannhaft in den Tod, woraufhin er nicht erschossen, sondern in tatsaechlicher Wiederholung einer anfaenglichen Traumszene mit Lorbeer gekroent wird. Alle rufen: In Staub mit allen Feinden Brandenburgs. Also das war alles sozusagen nur eine paedagogische Bemuehung des Kurfuersten, um dem jungen Prinzen zu mehr ehrenvoller Mannhaftigkeit zu verhelfen.
Peinlichste Szene: die Kurfuerstin in ihrem abscheulichen tuerkisfarbenen Abendkleid tritt am Ende ans Mikrophon und singt 'Stars shining bright above you', schrecklich kontrolliert und steif und unueberzeugend, wobei sie verzweifelt versucht, ihren deutschen Akzent zu verleugnen. Also wenn da jetzt ueberhaupt gesungen werden musste, und warum eigentlich kein deutsches Lied der Romantik, das haette ja nun wirklich gepasst wie die Faust aufs Auge, aber wenn nun schon dieses Lied gesungen werden musste, dann haette ich das mit einem dicken fetten deutschen Akzent und voellig selbstvergessen wie unter der Dusche singen lassen, nicht so aushilfsbarsaengerinnenmaessig.
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